Wessen Idee die Gründung einer solchen Institution konkret war, ist aus
dem Abstand der Jahre schwer zu erinnern; die MBM hat wahrscheinlich
mehrere Väter und Mütter. In besonderer Weise zu erwähnen wären vielleicht Boje
Schmuhl, damals Abteilungsleiter im Kultusministerium Sachsen-Anhalt, Dr.
Rainer Zimmermann, Abteilungsleiter Kultur im Freistaat Sachsen, Dr. Eberhard
Langenfeld, er vertrat als zuständiger Referatsleiter den Freistaat Thüringen, und
Dr. Gerti Peters, die Referatsleiterin für Musik im Bundesinnenministerium, das
zu dieser Zeit für kulturelle Angelegenheiten des Bundes zuständig war. Nach
meiner Erinnerung gab es ein beiderseitiges Interesse des Bundes und der drei
mitteldeutschen Länder an der Schaffung der MBM. Und das kam so:
Anfang der 90er Jahre vollzog
sich eine große Veränderung in der Kulturlandschaft der Bundesrepublik. Nach
dem Einigungsvertrag war auch dem Bund plötzlich eine Mitverantwortung gegeben,
dafür Sorge zu tragen, dass die Kultur in den neuen Ländern keinen Schaden
nimmt. Es ist Menschen wie Sieghardt von Köckritz, dem damaligen
Abteilungsleiter Kultur im Bundesministerium des Inneren, zu danken, dass
innerhalb kurzer Zeit in Abstimmung mit den Ländern ein Substanzerhaltungs- und
ein Infrastrukturprogramm unbürokratisch umgesetzt werden konnten. Diese
Unterstützung hat vielen Einrichtungen geholfen, den Übergang in ein im
Wesentlichen von den Ländern und Kommunen getragenes Fördersystem zu schaffen.
Auf der Grundlage des Einigungsvertrages war es dem Bund aber nun auch möglich,
gemeinsam mit den Sitzländern und -Kommunen die Förderung von Einrichtungen zu
prüfen, die eine Aufgabe im Sinne einer nationalen Repräsentanz wahrnahmen und
internationale Ausstrahlung besaßen. So fiel der Blick nicht nur auf die
Einrichtungen der deutschen Klassik in Weimar, sondern auch auf das renommierte
Bach-Archiv in Leipzig. Die Entscheidung für eine Bundesförderung des
Bach-Archivs zog dann aber Erwartungen anderer Einrichtungen in
Mitteldeutschland nach sich, etwa des Händelhauses in Halle, des Schützhauses
in Bad Köstritz oder des Bachhauses in Eisenach, und es gab entsprechende
Anfragen. Obwohl es in der Bewertung der damaligen Ausstrahlung dieser
Einrichtungen durchaus Differenzierungen gab, wurde aber allen Beteiligten
klar, dass im mitteldeutschen Raum eine solche Fülle von authentischen
Komponistengedenk- und Forschungsorten vorhanden waren, wie sie in keinem
anderen Teil Deutschlands vorkam. Und aus dieser Erkenntnis wuchs dann die
Idee, eine übergreifende Organisationsform zu schaffen, ein Netzwerk für
gemeinsame Operationen, die auch den beteiligten Einrichtungen zugute kommen,
vor allem aber die Barockmusikszene in den drei Ländern insgesamt beflügeln
könnten.
Die vorrangigen Ziele dieser Netzwerkbildung waren deshalb
auch neben der Stabilisierung der Einrichtungen der Barockmusikpflege die Qualifizierung
der Musizierpraxis Alter Musik, die Entdeckung und Wiederaufführung vergessener
Werke sowie die Mobilisierung eines neuen, insbesondere jungen Publikums. Die
Zusammenarbeit aller Beteiligten gestaltet sich fortan insgesamt sehr eng und
vertrauensvoll. Die Tätigkeit im Rahmen der MBM hat zu einer bis dahin kaum
praktizierten Form der Kooperation zwischen den mitteldeutschen Ländern und dem
Bund beigetragen, die auch darüber hinaus Auswirkungen auf die Zusammenarbeit
von Bund und Ländern im Kulturbereich hatte.
Nach den ersten zehn Jahren
ergab sich in der Folge der ja auch erhofften Entwicklung allerdings die
Notwendigkeit, Veränderungen in den Schwerpunkten der MBM zu überlegen: Die
Alte-Musik-Szene in den mitteldeutschen Ländern hatte sich positiv entwickelt; es
waren neue Ensembles und Festivals entstanden; weitere Partner waren dem
Trägerverein der MBM beigetreten und bezeugten gewachsenes Engagement und
Kompetenz. Der Bund war angehalten, sich nach der Gründungsphase zunehmend auf
Projekte mit bundesweiter Ausstrahlung zu konzentrieren, was einen Rückzug aus
den so genannten B-Projekten zur Folge hatte, die eher in die Fläche wirken
sollten. Der qualitative Anspruch wurde dadurch erhöht und der Blick richtete
sich auf Vorhaben mit überregionaler Ausstrahlung. Als Beispiele dieser
veränderten Förderpolitik seien das HEINRICH SCHÜTZ MUSIKFEST, unMittelBARock
oder auch die Teilnahme an internationalen Messen genannt.
Heute ist die MBM ein hochwirksames Instrument gemeinsamer Kulturpolitik, das
sich auch bundesweit einen sehr guten Ruf erworben hat, weil es in der
Zusammenarbeit mit Partnern auch nicht an Ländergrenzen halt macht.
Wenn ich ein persönliches Highlight aus der MBM-Geschichte herausgreifen
sollte, dann wäre das generell der ursprüngliche „Tag der Mitteldeutschen
Barockmusik“, heute bekannt als unMittelBARock. Dieses kleine, zwischen den
drei Ländern wandernde Festival schafft ein Bewusstsein für die Schätze aus den
Regionen, für eine unglaublich reiche und so lebendige Musikgeschichte. Die
Tage sind eine Perlenschnur, die immer länger wird! In den nächsten Jahren wird es eine Hauptaufgabe
der MBM bleiben, noch mehr Publikum für die Barockmusik zu begeistern.
Besonders wichtig bleibt dabei nach meiner Auffassung, vor allem junge Menschen
für Barockmusik zu interessieren und hierfür spezielle Programme zu entwickeln
sowie Kooperationen mit Schulen zu initiieren.
© Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.