Banner leer
Musizierende Figurinen im Freiberger Dom  | Foto: Janos Stekovics
Musizierende Figurinen im Freiberger Dom | Foto: Janos Stekovics

Der Authentische Klang

Wie erforscht man den Klang alter Musikinstrumente? Was um die Mitte des 19. Jahrhunderts zaghaft begann, hat sich inzwischen zu einem eigenständigen Wissenschafts- und Praxisfeld entwickelt. Historisch informierte Aufführungspraxis nennt man das Bemühen, Musik vergangener Epochen mit authentischem Instrumentarium und in Kenntnis historischer Spieltechniken, Notationen, Verzierungen, Stimmungen etc. aufzuführen. Je tiefer man in diese Materie eintaucht, desto deutlicher wird, dass wir zwar viel wissen, aber dennoch ganz am Anfang stehen. Viele Bereiche sind noch zu wenig erforscht, zum Beispiel die Musikinstrumente. Es war eine naive Vorstellung der Pioniere, als sie dachten, man müsse nur ein altes Instrument nehmen, dann würde es schon so klingen wie damals. Inzwischen haben auch die Organologen (so der Fachbegriff) viel gelernt, über den Instrumentenbau, über alte Techniken und auch über die unterschiedlichen Klangvorlieben einer Region oder eines Landes. Wo gibt es diese Instrumente, woran erkennt man sie? Was ist landestypisch und was ist das Eigene eines Instrumentenbauers?

Selten hat man so viel Glück wie eine Forschergruppe im Jahr 2002. Bei der Renovierung der Begräbniskapelle in Freiberg musste ein Gerüst aufgestellt werden, so konnten die 30 Originalinstrumente in den Händen von Engelsputten in 12 Metern Höhe abgenommen und untersucht werden. Sie stellten kein bestimmtes Ensemble dar, sondern bildeten die Vielfalt typischer instrumentaler und vokal-instrumentaler Kombinationen: die der Sänger und Instrumentalisten, der Bläserchöre mit Posaunen, Zinken und Schalmeien, des Streicherensembles sowie der Gruppe der sächsischen Bergsänger mit ihren Zistern, kleinen Geigen und Harfen, Trommeln und Triangeln, wie sie um 1600 in Kirchen, bei festlichen Aufzügen oder Hochzeiten erklungen sein könnten.

Der Forschergruppe, rund 50 Personen aus 20 Institutionen, fehlte das Geld für die unbedingt notwendigen Untersuchungen, für die technischen Zeichnungen, für die Nachbauten der Instrumente. Die MBM war der erste Förderer, der das Potenzial des Projekts erkannte. Danach floss auch aus anderen Quellen genügend Geld. Inzwischen sind zwei Jahrzehnte vergangen und das interdisziplinäre Forschungsprojekt läuft weiter. Es hat auch international Anerkennung gefunden: Instrumentenbauer bauen die sächsischen Renaissance-Instrumente nach, an den Hochschulen für Historische Aufführungspraxis in Graz, Leipzig und Gent beschäftigt man sich mit der bis dahin unerprobten alten Spieltechnik, und inzwischen finden in ganz Europa immer wieder wunderbare Konzerte auf den historisch informierten Kopien der sächsischen Renaissance-Instrumenten statt.

Prof. Dr. Eszter Fontana

© Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.

Barock.Musik.Fest
 
 
Heinrich Schütz Musikfest