Gemeinsam mit Boje Schmuhl, der
damals der erste Abteilungsleiter Kultur im Kultusministerium Sachsen-Anhalt
war, hatte ich als Referatsleiter Musik im Kultusministerium 1993 die Idee, eine
Initiative für die Förderung der Barockmusik im Land Sachsen-Anhalt zu
entwickeln. Also luden wir Vertreter der Alte-Musik-Institutionen und der Szene
des Landes zum Gedankenaustausch ein, um eine gemeinsame Strategie zu
entwickeln, die zum einen die Barockmusiklandschaft stärken und zum anderen
aufgrund ihrer überregionalen Ausstrahlung und Bedeutung für den Bund im Sinne
einer Beteiligung attraktiv sein sollte. Eine erste Beratungsrunde fand schon
bald darauf im Händelhaus in Halle statt. Bei dieser standen die Gedanken an
die jeweils eigene Institution noch sehr im Mittelpunkt, doch allmählich setzte
sich die Überzeugung durch, dass ein gemeinsames Vorgehen letztlich für alle
von Vorteil sei. Also beschloss man 1994, einen Verein zu gründen, um den Vertretern
der Institutionen als natürlichen Personen die Möglichkeit zur Mitarbeit zu
geben. Recht bald nahmen wir Kontakt zum Bund auf, um ihm dieses Projekt
vorzustellen und ihn dafür zu gewinnen. Dass Martin Eifler und ich uns schon aus
gemeinsamer Tätigkeit kannten, machte mir in unserem Anliegen Mut, es zu
versuchen. Frau Dr. Peters als zuständige Referatsleiterin beim BMI hatte von
Anbeginn diesem neuen Projekt große Aufmerksamkeit gewidmet. Als der Bund signalisierte,
dass eher Bereitschaft bestünde, eine 3-Länder-Initiative zu unterstützen (was
ja im Nachhinein auch absolut nachvollziehbar ist), setzten wir uns mit den
entsprechenden Institutionen in Thüringen und Sachsen zusammen. Uns war klar,
dass wir die vorhandenen Kapazitäten bündeln mussten, denn eine mittelfristige
Profilierung des Themas konnte nur durch die Einbeziehung von Sachsen und
Thüringen möglich werden. Die Initiative zur Gründung der MBM ging also von
Sachsen-Anhalt aus; der Bund wirkte dabei sozusagen als Katalysator.
Der Bund wollte zunächst
allerdings nur zusätzliche Aktivitäten, also solche über die bereits etablierten
hinaus, fördern, weshalb Förderrichtlinien geschaffen werden mussten, um die
Beteiligung der drei Länder anzugleichen. Auf Grund der unterschiedlichen
Fördervoraussetzungen bestanden in den drei Ländern unterschiedliche Startbedingungen
und natürlich auch unterschiedliche Erwartungshaltungen, d. h. zunächst einmal
musste ein gemeinsames „Spielfeld“ für die MBM ausgelotet werden. Als kleinsten
gemeinsamen Nenner konnte man sich damals auf die sogenannten A- und B-Projekte
verständigen, wobei die A-Projekte die eigenen Projekte der MBM mit
Unterstützung der Länder und des Bundes waren. Einig war man sich darin, dass die
MBM nicht in Konkurrenz zu den etablierten Einrichtungen und Festivals treten
soll. Die Aufgabe lautete, ein Netzwerk
aufzubauen, um das gesamte Spektrum der Auseinandersetzung mit dem Thema
Mitteldeutsche Barockmusik abdecken zu können, also gleichermaßen Forschung, Aufführung
und Vermittlung im Blick zu haben. Dabei hat sich die MBM im Laufe der Jahre zunehmend
auf ihre Stärken konzentriert, um den ‚roten Faden’, die Pflege des
barockmusikalischen Erbes, weiter zu knüpfen. Nach einer ersten Phase des
„Sammelns und Koordinierens“, hier hat vor allem Frau Dr. Konrad als erste
Geschäftsführerin der MBM große Verdienste, kann sich heute ihre Nachfolgerin, Frau
Dr. Siegfried, auf die Vernetzung und weitere Entwicklung der Mitteldeutschen
Barockmusiklandschaft konzentrieren. Das ‚Label’ MBM hat mittlerweile seinen
Platz in der Barockmusik gefunden und sich einen Status als Gütesiegel erarbeitet.
Ins Bild übertragen würde ich gern die MBM als das Bindeglied der „großen Tanker“,
also der institutionell geförderten Festivals und Institutionen, bezeichnen. Ihre
größte Leistung war und ist wohl, das Konstrukt über die 20 Jahre hinweg
zusammen gehalten zu haben, auch durch Krisenzeiten. Einen Zusammenbruch der
MBM hätte ich als schweren Verlust empfunden.
Die wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre dürften nun sein, die Partner
über Kooperationen weiter zusammenzuführen und die Jugendarbeit auszubauen. So
sollte zum Beispiel das Jugendbarockorchester BACHS ERBEN weiter profiliert
werden und bundesweite Anerkennung finden. Die MBM hat viel erreicht: War zu
Beginn das erste gemeinsame Ziel die Erstellung eines abgestimmten Festspielkalenders
zur Barockmusik, ist die MBM heute von der Szene anerkannt und wird von vielen
Säulen getragen.
© Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.