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Die Publikationen überdauern die Zeit

Prof. Dr. Hans-Joachim SchulzeDie Initiative zur Gründung der MBM ging vom Bund aus, und zwar in Gestalt von Frau Dr. Gerti Peters, der Kulturbeauftragten für die Neuen Länder im Innenministerium. Der Anlass war wohl, etwas zusammen zu führen, um durch die Bündelung einen größeren Effekt zu erzielen und Dinge förderwürdig zu machen, ohne dass einzelne Institutionen abgefragt werden müssen, und damit administrative Hindernisse zu umgehen. Das Ziel war, ganz allgemein gesprochen, die Förderung der Barockmusik, wobei der Begriff weitherzig ausgelegt wurde, um über die eigentliche Zeitspanne von 1600 bis 1750 hinaus gehen zu können. Die Protagonisten dieser Zeit, allen voran Bach und Händel, sollten dabei allerdings weniger Förderung erfahren als unbekanntere Komponisten. Also keine Chance für Bach, aber für Stölzel oder Fasch.
Zunächst wurden die einschlägigen Institutionen und deren Aktivitäten zusammen geführt. Das reichte von den großen Forschungseinrichtungen um Bach, Händel und Schütz in Leipzig, Halle und Dresden bis hin zu Kirchenchören oder sonstigen kleinen Veranstaltern, die finanzielle Förderung beantragen konnten. Im Dialog zwischen Geschäftsstelle und Antragstellern wurde erkundet, was förderwürdig und förderfähig sei. Zunächst waren das insbesondere öffentliche Veranstaltungen, aber auch Publikationen und wissenschaftliche Konferenzen. In der Aufbruchstimmung kam es auch zu gelegentlichen Enttäuschungen, vor allem, wenn Finanzierungsmodelle nicht funktionierten. Diese Modelle sahen vor, dass der Antragsteller die Grundfinanzierung auf der Basis von Mitgliedsbeiträgen, Kartenerlösen oder Sponsorengeldern zu gewährleisten hatte. Ein ‚brauchbares Modell’ musste also zunächst vorliegen, damit die MBM überhaupt einen prozentualen Anteil an Fördergeldern zuschießen durfte. Da es in der Frühzeit sowohl an Erfahrungen wie an Vorgaben fehlte, wurde vieles gefördert, was später wieder eingeschränkt wurde. Vor allem im Bereich der Veröffentlichungen läuft daher derzeit einiges aus: die Jahrbücher, die Schriftenreihe und die Denkmal-Ausgaben, die in meinen Verantwortungsbereich als Editionsleiter fielen.
Als Frau Dr. Peters vor einigen Jahren aus dem Amt schied, folgten bald Einschnitte in der Finanzierung von Bundesseite. Die Länder hielten nicht dagegen, weil auch dort die Kulturmittel beschnitten wurden. Es gab einige Krisensituationen, auch Ausstiegsdrohungen. Eine weitere Erschwernis war die Tatsache, dass aufgrund unterschiedlicher Zeitvorgaben für die Haushaltsmittel diese nicht immer zugleich verfügbar waren. Einige Gründungsmitglieder verabschiedeten sich daraufhin. Auch das Bach-Archiv hätte Grund dazu gehabt, weil gerade um die Denkmäler-Reihe große Unstimmigkeiten entstanden. Das heißt, die Geldgeber wollten in inhaltlichen Fragen mitreden. Die neue Publikation „Forum MBM“ ist nun sehr beliebig, was das Thema wie den Erscheinungszeitraum angeht. Angesichts bereits erfolgter Vorfinanzierungen müssen aus der Denkmäler-Reihe allerdings noch ein paar letzte Bände herausgebracht werden.
Die Zusammenarbeit mit den Partnern in der Politik gestaltete sich mit Frau Dr. Peters so gut und reibungslos, wie man sich das nur vorstellen kann. Mit ihren Nachfolgern war das zum Teil anders, aufgrund welcher Vorgaben auch immer. Als dann auf dem Höhepunkt der Krise mit Vehemenz eine Neuausrichtung gefordert wurde, ging es zunächst darum, die Mittelkürzung zu verwinden. Aber musste man gleich querbeet aufräumen…? Man hätte ja auch so vorgehen können, das Jahrbuch in zweijährigem Turnus und die Denkmäler-Reihe in größeren Abständen erscheinen zu lassen, also die Reduzierung im Verhältnis zur Mittelkürzung vorzunehmen. Stattdessen wurde eine komplette Einstellung beschlossen. Eine gute, offene, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Partnern in der Politik stelle ich mir anders vor. Man hätte gemeinsam überlegen können, wie die finanziellen Vorgaben sich inhaltlich sinnvoll umsetzen lassen.
Als größte Leistung der MBM-Geschichte betrachte ich ihre Gründung. Unter den Auspizien, dass die zum Zusammenschluss vorgesehenen Institutionen ganz unterschiedliche Unterstellungsverhältnisse hatten, wäre man kaum überein gekommen, hätte Frau Dr. Peters nicht den Vorschlag gemacht, den Verein von den Institutsleitern als natürlichen Personen gründen zu lassen. Das war die Kernleistung, um die Dinge in absehbarer Zeit überhaupt in Gang bringen zu können. Als die drei größten Errungenschaften würde ich zunächst die Publikationen benennen wollen, die, auf Papier gedruckt, in Bibliotheken und Privatbesitz etwas Bleibendes darstellen und die Zeit überdauern. Ein Konzert dagegen versetzt die Luft in Schwingungen, und wenn es verklungen ist, bleibt nichts. Gleichwohl ist die Förderung des Konzertlebens, gerade in finanzschwächeren Regionen, Ermutigung für die Ausführenden, nicht alleine gegen Windmühlenflügel ankämpfen zu müssen. Als drittes wäre der schaffenspsychologische Aspekt anzuführen: Durch die Zusammenführung der Institutionen, die gewöhnlich Einzelkämpfer sind, ist doch eine gewisse Koordination und ein Austausch entstanden. Und dabei profitiert man viel voneinander.
Mein Wunsch an die MBM für die Zukunft wäre, dass sie Dinge, die abgeschafft wurden, etwa die Förderung von Konferenzen, wieder einführen möge. Konzerte, wissenschaftliche Veranstaltungen und Publikationen sollten gleichrangig behandelt werden. Und mehr Geld wäre auch ganz schön. Angeblich haben wir doch mehr Steuereinnahmen als je zuvor: Wo fließen die denn hin, wenn sie nicht da landen, wo sie eigentlich landen müssten…?  

© Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.

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