Die Entwicklung Mitteldeutschlands hin zu einer europäischen Musiklandschaft ersten Ranges steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reformation, die Martin Luther seit 1517 von Wittenberg aus vorantrieb. Luther war selbst Musiker, spielte Laute und komponierte zahlreiche Lieder. Auch in seiner Theologie spielt die Musik eine zentrale Rolle. Er sah in ihr „die beste Gottesgabe“. Ein musikalischer Geist sei frei von jeder Teufelei, ausgeglichen und fröhlich. Schon deshalb war Luther überzeugt, „dass nach der Theologie keine Kunst sei, die mit der Musik könne verglichen werden“. Diese theologische Aufwertung der Musik gipfelte in der Überlegung, dass die musikalische Ausbildung eine der zentralen Aufgaben der Schulen und Universitäten sein müsse. „Ein Schulmeister muss singen können“ lautete Luthers Devise, die dazu führte, dass in ganz Mitteldeutschland seit der Mitte des 16. Jahrhunderts eine Explosion der Musikerberufe stattfand. Immer mehr Gemeinden stellten einen Kantor an, der in den Schulen die Gesangsausbildung übernahm und zugleich für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste verantwortlich war. In vielen Städten wurden zusätzlich Organisten beschäftigt, deren Aufgabe vor allem die Intonation und Begleitung des Gemeindegesangs war.

Luther musiziert mit seiner Familie (Gemälde von Gustav Adolph Spangenberg, 1866. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inventarnr. I. 234)zoom

Auch die Fürstenhöfe folgten dieser Entwicklung. Unter Kurfürst Moritz von Sachsen gründete der Luther-Freund Johann Walter 1548 in Dresden eine Hofkantorei und gilt damit als erster sächsischer Hofkapellmeister. In den kommenden Jahrhunderten folgten ihm so berühmte Persönlichkeiten wie Heinrich Schütz, Johann Adolph Hasse, Carl Maria von Weber und Richard Wagner.

Historisches Mitteldeutschland

Sächsisches Territorium im Jahr 1731 (Kupferstich der Kartographen Friedrich und Philipp Heinrich Zollmann, Nürnberg 1731. Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden)zoom

Im 17. und 18. Jahrhundert stand Mitteldeutschland weitgehend unter sächsischer Herrschaft. Die ernestinischen Fürstentümer Weimar, Coburg und Eisenach wurden durch Erbteilungen im Verlauf des 17. Jahrhunderts immer weiter zersplittert. Auf albertinischem Gebiet reichte das kursächsische Territorium bis Wittenberg im Norden und Görlitz im Osten. Damit vereinte das historische Sachsen auch weite Teile des heutigen Thüringens und der südlichen Gebiete des heutigen Brandenburgs und Sachsen-Anhalts.

 

Die Mitteldeutsche Barockmusik
in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.

Der Verein Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen e.V. (MBM) wurde 1994 als eine der sogenannten „Leuchtturm-Maßnahmen“ der Bundesrepublik Deutschland für die neuen Länder ins Leben gerufen. Die MBM wird vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt und dem Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur finanziert. Der gemeinnützige Verein hat seinen Sitz im Kloster Michaelstein, Blankenburg (Sachsen-Anhalt). Ihm gehören rund 60 Mitglieder aus ganz Deutschland an.

Ein Netzwerk für Alte Musik

Als Veranstalter hat es sich die MBM zur Aufgabe gemacht, die im europäischen Vergleich in einmaliger Dichte und Qualität vorhandenen Schätze mitteldeutscher Barockmusik in ihrer Gesamtheit zu erforschen und zu bewahren, in vielfältiger Weise erfahrbar und als klingende Werke einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die realisierten Projekte – von Tagungen und Konferenzen, über wissenschaftliche Publikationen und Editionen bis hin zu eigenen Konzerten und Festivals – werden dabei als Ergänzung und Erweiterung des bereits vielfältig bestehenden Angebots im mitteldeutschen Raum begriffen. Kooperationen, Schaffung von Synergien und gegenseitige Befruchtung im Zusammengehen mit Partnern, Institutionen und Künstlern bündeln die gemeinsamen Interessen.

Die MBM versteht sich als Netzwerk für Alte Musik und trägt entscheidend dazu bei, die Kulturregion Mitteldeutschland in ihrer Identität und Unverwechselbarkeit zu stärken, um so gleichfalls als ein kulturpolitischer Repräsentant nach außen zu wirken und mitteldeutsche Barockmusik als ästhetische Gegenwart zu einem Gegenstand modernen Erlebens und Nachdenkens zu machen.

 
Logos der Ministerien

Fördern | Forschen | Bewahren | Begeistern

Die MBM ist eine Förderinstitution mit besonderer Zielsetzung: Sie möchte in einem Zusammenklang aus Fördern, Forschen, Bewahren und Begeistern die schier überreiche Kraft und Vielfalt der mitteldeutschen Barockmusik vermitteln, indem sie gerade deren besondere Stellung als Drehscheibe, Schmelztiegel und Kristallisationspunkt europäischer Musik des 17. und 18. Jahrhundert ins heutige Bewusstsein rückt. Dabei setzt die MBM auf wissenschaftliche Fundierung, kreative Intelligenz und schöpferischen Enthusiasmus.

Heinrich-Schütz-Musikfest 2012: Konzert junger Musiker des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden (Foto: Nicole Meier)zoom

Die Wanderausstellung Klangraum Mitteldeutschland mit der dazugehörigen WebApp mibamu.org möchte das ganze Spektrum der MBM vorstellen und wird daher nicht nur die historische Vielfalt und Einzigartigkeit der mitteldeutschen Musiklandschaft vor Augen führen; vielmehr widmet sie sich ebenso dem heutigen Umgang mit diesem beispiellosen Kulturerbe.

 
 

Martin Luther wird in Eisleben geboren.

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1483

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Martin Luther (Kolorierter Holzschnitt von Hans Brosamer, um 1530, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Inventarnr. 38,3)zoom
 

Mit der Leipziger Teilung wird Sachsen in das westliche (ernestinische) und das östliche (albertinische) Herrschaftsgebiet aufgespalten.

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1485

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Durch den Thesenanschlag wird die Reformation im  ernestinischen Wittenberg eingeleitet.

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1517

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Luther als Familienvater (Lithografie von Adolph Menzel. Archiv Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz, Inventarnr. 2549)zoom
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1523

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Luther dichtet und komponiert die ersten evangelischen Choräle.

 
Johann Walter, Geistliches Gesangbüchlein, Wittenberg 1524zoom
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1524

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Mit Luthers Achtliederbuch und Johann Walters Geistlichem Gesangbüchlein (linkes Bild) erscheinen die ersten evangelischen Choralsammlungen.

 
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1538

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Georg Rhau veröffentlicht in Wittenberg die ersten liturgischen Musikdrucke für den lutherischen Gottesdienst.

 

Die Reformation wird auch im albertinischen Sachsen eingeführt.

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1539

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Stadtansicht von Dresden (Kolorierter Kupferstich von Georg Braun und Franz Hogenberg, aus: Civitates Orbis Terrarum, Köln um 1572)zoom
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1548

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Unter der Leitung von Johann Walter erfolgt die Gründung der Dresdner Hofkapelle.

 
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1585

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Heinrich Schütz wird in Köstritz geboren.

 
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1594

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Seth Calvisius wird Thomaskantor in Leipzig.

 
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1614

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Michael Praetorius beginnt mit der Veröffentlichung seines Syntagma musicum.

 

Mit dem Prager Fenstersturz beginnt der Dreißigjährige Krieg.

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1618

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Erhard Bodenschatz veröffentlicht die Motettensammlung Florilegium Portense.

 
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1627

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In Torgau wird anlässlich einer Fürstenhochzeit  Schütz‘ Dafne aufgeführt

 

Nach der Zerstörung Magdeburgs fallen die Kaiserlichen Truppen auch in Sachsen ein.

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1631

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Michael Praetorius (Holzschnitt nach dem Gesamttitel der Musae Sioniae, Regensburg 1605, Ausschnitt). Heinrich Schütz (Kupferstich von Augustus John, 1627, Ausschnitt. Ratsschulbibliothek Zwickau)zoom
 

Der Schwedenkönig Gustav II. Adolf fällt in der Schlacht bei Lützen.

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1632

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Mit dem Westfälischen Frieden endet der Dreißigjährige Krieg.

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1648

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Schütz widmet der Stadt Leipzig und dem Thomanerchor den Druck seiner Geistlichen Chormusik.

 

Nach dem Tod von Kurfürst Johann Georg I. kommt es zur Erbteilung, in deren Zuge die Sekundogeniturfürstentümer Sachsen-Merseburg (1657–1738), Sachsen-Weißenfels (1657–1746) und Sachsen-Zeitz (1657–1717) entstehen.

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1657

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Heinrich Schütz bezieht seinen Alterssitz in Weißenfels.

 
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1664

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In Dresden eröffnet das erste Opernhaus Mitteldeutschlands.

 
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1672

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Heinrich Schütz stirbt in Dresden.

 
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1681

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Georg Philipp Telemann wird in Magdeburg geboren.

 
Georg Philipp Telemann (Anonymer Kupferstich, Ausschnitt. Bach-Archiv Leipzig). Johann Sebastian Bach (Kupferstich von Samuel Gottlob Kütner nach einer Vorlage von Elias Gottlob Haußmann, 1774, Ausschnitt. Bach-Archiv Leipzig). Georg Friedrich Händel (Kupferstich von Jacobus Houbraken, Ausschnitt. Stiftung Händel-Haus Halle)zoom
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1685

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Georg Friedrich Händel wird in Halle geboren.
Johann Sebastian Bach wird in Eisenach geboren.

 
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1693

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In Leipzig eröffnet das erste bürgerliche Opernhaus Mitteldeutschlands.

 

Friedrich August I. („August der Starke“) wird Kurfürst von Sachsen.

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1694

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Gründung der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale)

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1698

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1702

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Der Weißenfelser Hofdiakon Erdmann Neumeister veröffentlicht seine Geistlichen Cantaten statt einer Kirchenmusic, die der Weißenfelser Hofkapellmeister Johann Philipp Krieger als erster vertont.

 
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1708

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Georg Philipp Telemann wird Konzert-, später Kapellmeister in Eisenach.

 
Große Orgel im Dom zu Freiberg (Kupferstich von Johann Gottfried Krügner, um 1714. Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg, Inventarnr. 48/582)zoom
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1711

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Gottfried Silbermann eröffnet seine Orgelbauwerkstatt in Freiberg.

 
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1713

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Johann Ludwig Krebs wird in Buttelstedt geboren.

 

Anlässlich der Hochzeit des sächsischen Kurprinzen Friedrich August II. mit der Tochter von Kaiser Joseph I., Erzherzogin Maria Josepha, finden in Dresden über vier Wochen ausgedehnte Feierlichkeiten statt.

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1719

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Im neuerbauten Opernhaus am Taschenberg werden mehrere Opern von Antonio Lotti aufgeführt. Auch Georg Friedrich Händel hielt sich damals in Dresden auf.

Bernhard Christoph Breitkopf gründet in Leipzig seinen Verlag.

 
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1723

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Johann Sebastian Bach wird Thomaskantor in Leipzig.

Johann Friedrich Fasch wird Hofkapellmeister in Zerbst.

 
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1732

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Johann Gottfried Walter veröffentlicht sein
Musicalisches Lexicon.

 
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1734

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Dienstantritt von Johann Adolf Hasse als Hofkapellmeister in Dresden.

 
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1750

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Johann Sebastian Bach stirbt in Leipzig.

 
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1755

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Gottfried August Homilius wird Kreuzkantor in Dresden.

 
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1756

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Johann Ludwig Krebs wird Schlossorganist in Altenburg.

 

Der Siebenjährige Krieg führt zu einer tiefgreifenden kultur- und musikgeschichtlichen Zäsur.

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1756

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1759

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Georg Friedrich Händel stirbt in London.

 

Ende der Personalunion zwischen Sachsen und Polen.

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1763

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1766

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Johann Adam Hiller beginnt in Leipzig mit der Herausgabe der Wöchentlichen Nachrichten, die Musik betreffend.

 
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1767

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Georg Philipp Telemann stirbt in Hamburg; neuer Musikdirektor wird Carl Philipp Emanuel Bach.